Samstag, 9. September 2017

Agentur für Arbeit darf Einnahmen aus Bausparvertrag nicht auf Sozialleistungen anrechnen; §§ 40 Abs 2 S. 1 Nr. 1 SGB II; 328 Abs. 3 SGB III

Wer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gem. SGB II erhält, muss sich die monatlichen Gutschriften, die ein Familienangehöriger auf einen Bausparvertrag des Leistungsberechtigten einzahlt, nicht als Einkommen anrechnen (SG Gelsenkirchen; Urt. v. 24.07.2017; Az.: S 8 AS 1893/16).

Zwar handelt es bei den Einzahlungen um geldwerte Einnahmen, diese stehen dem ALG II Empfänger jedoch nich als bereite Mittel zur Verfügung. Demnach dürfen nur Geldwerte berücksichtigt werden, die zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auch tatsächlich eingesetzt werden können.

Davon ist auszugehen, wenn der Bausparvertrag weder zuteilungsreif noch gekündigt ist.

Sonntag, 12. Februar 2017

Die Rechtsschutzversicherung, dein Freund und Helfer


 AG Gladbeck, Urteil vom 30.01.2017; Az.: 12 C 420/16

Wer kennt es nicht: Da schließt man eine Rechtsschutzversicherung ab, und im Schadensfalle will die eigene Versicherung nicht zahlen, in der Hoffnung das der eigene Versicherungsnehmer das Prozessrisiko eines Deckungsprozesses scheut.

Deshalb wurden verschiedene Einrichtungen erschaffen, um den Verbraucher zu schützen. Die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) schreibt sich den Verbraucherschutz ganz groß auf ihre Fahne. Die Realität sieht anders. Beschwerden von Verbrauchern werden so gut wie gar nicht bearbeitet und wenn, dann mit mehrjähriger Bearbeitungszeit, sofern man bei der BaFin denn überhaupt jemanden findet, der einen Arbeitsnachweis erbringen kann.


Anders ist es hingegen beim Ombudsmann in Person von Prof. Dr. Günter Hirsch. Dessen Organisation bearbeitet die meisten Verfahren innerhalb von wenigen Wochen, nicht selten zu Lasten der Versicherungen.

Doch auch für die Versicherungen ist der Ombudsmann dann noch eine gute Institution. Denn die Verfahren sind kostenneutral, und, viele Versicherungsnehmer kennen die Möglichkeit des Schiedsverfahrens vor dem Ombudsmann nicht. Die wenigen Verfahren, die dann noch beim Ombudsmann landen, sind ja auch nicht per se für die Versicherungen verloren und wenn doch, dann ohne Mehrkosten.

Denken zumindest die Versicherer.

Doch was ist, wenn sich ein Versicherter im Schiedsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt? Wer erstattet die angefallenen Rechtsanwaltskosten?

Die Rechtsprechung war bisher sehr versicherungsfreundlich, wenn der beauftragte Rechtsanwalt bereits die erste Deckungsanfrage stellte und nach deren Ablehnung erneut tätig wurde. Denn eine einmal entstandene, aber nicht erstattungsfähige Gebühr könne nicht erneut entstehen.

Und so landete der Fall, nachdem der Ombudsmann eine Rechtsschutzversicherung zur Erteilung des Deckungsschutzes angewiesen hatte, erneut vor Gericht, weil der Versicherungsnehmer seine entstandenen Rechtsanwaltskosten erstattet bekommen wollte.

Die Rechtsschutzversicherung gab sich recht siegessicher ob der bisher ergangenen Rechtsprechung.
Doch das Schiedsverfahren bietet eine gebührenrechtliche Besonderheit, über die bisher – man glaubt es kaum - noch nicht richterlich entschieden wurde.

Und so wurde einem Amtsrichter aus dem westfälischen Gladbeck (12 C 420/16) die Ehre zuteil, als erstes deutsches Gericht hierüber eine – wenn auch etwas holprige - Entscheidung zu fällen.

https://www.iurado.de/?site=iurado&p=urteile&id=2264

Kinder müssen nicht immer Pflegegeld für ihre Eltern zahlen




Eine Mutter musste in ein Pflegeheim und da ist es legitim, wenn die Sozialhilfeträger bei Vermögenslosigkeit vermögende Kinder in Anspruch nehmen, ebenso, wie Kontobewegungen auf den Konten der Mutter der letzten 10 Jahre zu überprüfen, um Schenkungen an Dritte aufzustöbern und diese gem. § 528 BGB nach einer rechtskräftigen Überleitung gem. § 93 SGB XII im eigenen Namen geltend zu machen.

Nicht legitim ist jedoch die Art und Weise, wie die Kommunen mit rechtlich nicht mehr zulässigen Mitteln versuchen, ihre rechtsunkundigen Bürger zu einer Zahlung zu veranlassen, auf die die Stadt überhaupt keinen Anspruch besitzt.

So konnte die Stadt Bottrop im vorliegenden Fall eine Verfügung über 20.000,00 € der Mutter an den Sohn vor etwa drei Jahren feststellen und forderte den Sohn zur Rückzahlung auf. Doch dieser weigerte die Herausgabe u.a. mit der Begründung, das Geld stamme aus der Erbschaft des zuvor verstorbenen Vaters und legte entsprechende Beweisdokumente vor.

Dies ignorierte die Stadt jedoch einfach und erwirkte eine Überleitung der möglichen Ansprüche der Mutter gegen ihren Sohn aus § 528 BGB. Als der Sohn immer noch nicht zur Zahlung bereit war, wies die Stadt Bottrop darauf hin, das die Überleitungsanzeige rechtskräftig sei und der Sohn daher zur Zahlung verpflichtet sei.

Doch der Sohn weigerte sich weiterhin, so dass die Stadt Bottrop nunmehr vor dem LG Essen die 20.000,00 € mit der Begründung des Vorliegens einer rechtskräftigen Überleitungsanzeige nach § 92 SGB XII begründete.

Doch das LG Essen wollte der Argumentation der Stadt Bottrop so gar nicht folgen und gab nach Anhörung des Sohnes in einem Hinweisbeschluss bekannt, dass die Überleitungsanzeige nicht ausreiche, um die Darlegungs- und Beweislast in einem Zivilprozess umzukehren.

Die Stadt müsse nicht nur alle anspruchsbegründenden Tatsachen für das Vorliegen eines Widerrufes der Schenkung darlegen, sondern auch noch beweisen.

Daraufhin nahm die Stadt Bottrop ihre Klage zurück und beantragte, dem Sohn sämtliche Verfahrenskosten aufzuerlegen, da er durch seine Weigerung zur Zahlung der 20.000,00 € Veranlassung zu diesem Prozess gegeben habe.

Das Landgericht Essen fand für diesen Antrag recht harsche Worte und warf der Stadt Bottrop eine rechtsmissbräuchliche Verfahrensführung vor, den eine vernünftige Partei, die diesen Prozess selber finanzieren müsse, niemals geführt hätte:

LG Essen, Beschluss vom 28.12.2016; Az.: 19 O 137/16

Somit blieb die Stadt Bottrop auf knapp 3.000,00 € Verfahrenskosten letztendlich sitzen, Steuergelder, die fehlen und durch das Verteilen von 150 zusätzlichen Knöllchen wieder erwirtschaftet werden müssen.

Dienstag, 3. Januar 2017

Abmahnung von Rechtsanwalt Tim Hoesmann 

aus Berlin unberechtigt

 

LG Essen, Urt.v. 24.08.2016; Az.: 41 O 41/16


Die Kanzlei  Hoesmann aus Berlin gehört zu den Vielfachabmahnern insbesondere bei Interverkäufen über die Verkaufsplattformen wie Ebay oder Amazon. Doch nicht jede Abmahnung ist auch berechtigt. So wurde der von der Kanzlei Hoesmann vertretene Mandant Sven Fürstenberg (Kontaktlinsen) aus Berlin nach einer erfolgten Abmahnung durch unsere Kanzlei vergeblich aufgefordert, auf seine Rechte aus einer unberechtigten Abmahnung zu verzichten.

Da eine Verzichtserklärung nicht abgegeben wurde, wurde vor dem LG Essen eine negative Feststellungsklage eingereicht.

Mit Urteil vom 24.08.2016 entschied das LG Essen ( Az.: 41 O 41/16), gegen den von der Kanzlei Hoesmann vertretenen Sven Fürstenberg, da ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch mangels Absatzbehinderung und mangels Wiederholungsgefahr nicht bestand und gab der Feststellungsklage statt. Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.

Auch wenn viele Abmahnungen berechtigt sind, bedarf es doch in jedem Einzelfall einer genauen Prüfung, ob der geltend gemachte Anspruch tatsächlich zu Recht geltend gemacht wurde.



OLG Hamm erkennt Aktivlegitimation von Massenabmahner Stefan Braun aus Trier nicht an


OLG Hamm, Urteil vom 24.11.2016; Az.: I-4 U 62/16

Stefan Braun aus Trier mahnt regelmäßig vermeintliche Verstöße aus dem Bereich der Widerrufsbelehrungen oder der Impressumspflicht ab. Dabei wurde er zuletzt von der Kanzlei Binz aus Trier vertreten.

Stefan Braun will Mitbewerber auf dem Marktsektor Drucker und Druckerzubehör sein. Seine gerichtliche Erreichbarkeit selbst bei den von ihm angestrebten Verfahren ist dabei nicht immer gewährleistet.

Regelmäßig wechselt er seinen Firmensitz zwischen Trier, wo er unter der Adresse Im Speyer 15 tätig sein will und einer Adresse in Frankreich, je nachdem, welcher Wohnsitz ihm für laufende Gerichtsverfahren gerade genehm erscheint.

Auch im Internet lassen sich seine vom ihm selbst behaupteten Verkaufsaktivitäten nur schwer nachvollziehen.

In einstweiligen Verfügungsverfahren bekräftigt er seine Aktivlegitimation mit von ihm selbst abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen.

In einem von uns veranlassten Hauptsacheverfahren konnte Stefan Braun erstinstanzlich noch obsiegen (LG Bochum, Urteil vom 02.03.2016; Az.: I-13 O 154/15).

Dem Senat in Hamm genügte eine eidesstattliche Versicherung von Herrn Braun persönlich dann allerdings doch nicht mehr, um seine Aktivlegitimation zu belegen.

Auch die den Prozessgegner zum Teil diffamierenden Schriftsätze von Brauns Rechtsanwalt Frank Ernser von der Kanzlei Binz aus Trier konnten ihm nicht weiterhelfen.

Hierzu führte der Senat (OLG Hamm, Urteil vom 24.11.2016; Az.: I-4 U 62/16) aus:

Eine eidesstattliche Versicherung zur eigenen Aktivlegitimation im Wettbewerbsrecht stellt kein geeignetes Beweismittel im Hauptsacheverfahren dar.
Dass ein Wettbewerber dem Landgericht aus anderen Verfahren gerichtsbekannt ist, genügt zum Nachweis der Aktiblegitimation nicht aus, da frühere Verfahren mit anderen Verfahrensbeteiligten keine Rechtskraft zwischen den Parteien begründen können.

Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung verjährt in sechs Monaten. Deren Verjährung wird durch eine einstweilige Verfügung nicht unterbrochen.

Die Verjährungseinrede kann auch noch in der Berufungsinstanz erhoben werden.


Mit dieser Entscheidung haben sich die Zweifel an der Aktivlegitimation von Stefan Braun bestätigt. Noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat  am 24.11.2016 versuchte es Stefan Braun mit Schadensminimierung und wollte seinen ursprünglich angegebenen Streitwert von 15.000,00 € zur höchsten Verwunderung des Senates aus eigenem Kosteninteresse auf 1.000,00 € herabgesetzt wissen.