Freitag, 4. März 2016


Zur Aufforderung einer Schleichwerbung eines Presseunternehmens gegenüber einem Rechtsanwalt; §§ 3, 4 Nr. 3 UWG 

 

Zum Sachverhalt:

Ein Presseunternehmen rief bei Rechtsanwälten an, um diesen vier kostenpflichtige Werbeanzeigen zu verkaufen. Als Dankeschön sollte jeder Anwalt einen kostenlosen redaktionell aufbereiteten Bericht über seine Kanzlei erhalten. Ein Rechtsanwalt sah sich hierin im Wettbewerb mit seinen Anwaltskollegen behindert, als der Anwalt entweder ein Angebot zur verbotenen Schleichwerbung akzeptieren müsste, wollte er gegenüber seinen werbenden Kollegen nicht benachteiligt sein. Also nahm er das Presseunternehmen direkt auf Unterlassen in Anspruch. Das LG Essen bejahte im einstweiligen Verfügungsverfahren den Unterlassungsanspruch. Die hiergegen gerichtete Berufung vor dem OLG Hamm wurde von dem Presseunternehmen zurückgenommen und der Unterlassungsanspruch als rechtsverbindlich anerkannt.

Zur Entscheidung:

Unlauterkeit liegt gem. § 4 Nr. 3 UWG u. a. dann von, wenn der Werbecharakter von
geschäftlichen Handlungen verschleiert wird, was insbesondere dann der Fall ist, wenn in einer Zeitung eine entgeltliche Anzeige erscheint und als redaktioneller Beitrag getarnt wird; hierdurch werden im Übrigen auch die weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 UWG erfüllt. In diesen Fällen liegt überdies auch eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Ziff. 11 des Anhangs zum UWG vor.

Hier ergibt sich die Absicht der Begehung einer entsprechenden wettbewerbswidrigen
Handlung aus dem Inhalt der E-Mail vom 18.11.2014 nebst Anhang. Denn die durch die entsprechende Werbeaktion der Antragsgegnerin angesprochenen Verkehrskreise, also die Rechtsanwälte im Stadtgebiet von mussten das entsprechende Angebot der Antragsgegnerin dahingehend verstehen, dass sie in dem Fall, dass sie einen entsprechenden Anzeigenauftrag erteilen, einen Anspruch darauf haben, mit ihrer Kanzlei im Rahmen einer weiteren Anzeige mit Bild vorgestellt werden, die als redaktioneller Artikel getarnt wird und deren Werbecharakter auf diese
Weise verschleiert wird.

Dies ergibt sich neben dem insoweit eindeutigen Inhalt des E-Mail-Textes, der lediglich von einer redaktionellen Vorstellung, nicht aber von einer zusätzlichen Anzeige spricht, insbesondere auch aus dem der E-Mail beigefügten Muster. Die beiden dort dargestellten Beiträge sind in ihrem Aufbau und ihrer Präsentation komplett wie ein redaktioneller Artikel, nicht aber wie eine Anzeige gestaltet und von den übrigen Werbeanzeigen, also den dort vorhandenen Leerfeldern, deutlich abgesetzt. Es sind Überschriften mit sachlich rechtlichen Themen vorhanden, Unter-Überschriften, ein Vorspann und ein darunter liegender Haupttext.

Irgendwelche Hinweise auf den Anzeigencharakter fehlen völlig. Unter diesen Umständen musste jedoch ein potentieller Anzeigenkunde davon ausgehen, dass ein entsprechender Zusatz „Anzeige" oder ähnlich, an den nach der Rechtsprechung (vgl. OLG München, NJOZ 2010, 1135.) nach Schriftart, Schriftgröße, Platzierung und Begleitumständen hohe Anforderungen zu stellen wären, um eine Irreführung zu vermeiden, gerade nicht vorgesehen war.

Vorliegend wurde durch die Werbung der Antragsgegnerin vielmehr gegenüber den angeschriebenen Anwälten gerade die Erwartungshaltung erweckt, redaktionell - also aus der Sicht des Zeitungslesers durch eine unabhängige Instanz aufgrund deren eigener Recherchen - als Spezialist in einem bestimmten Rechtsgebiet vorgestellt zu werden, ohne dass dies von den angesprochenen Lesern - also potentiellen Mandanten - als Werbung wahrgenommen werden sollte, für die ein entsprechendes Entgelt gezahlt worden ist.

Diese berechtigte Erwartungshaltung würde jedoch in erheblichem Umfang - wenn nicht sogar völlig - enttäuscht, wenn die durch eine derartigen Gestaltung erzeugte enorme Werbewirkung durch einen eindeutigen und drucktechnisch deutlich gestalteten Anzeigenzusatz zum größten Teil wieder zu Nichte gemacht würde, so dass sich ein solcher ohne Weiteres als vertragswidrig darstellen würde.