Sonntag, 22. November 2015

Unberechtigte Geltendmachung von Forderungen durch Inkassobüro kann Schadensersatz begründen; §§ 280, 249 BGB

 
 

Unberechtigte Mahnungen können  Inkassobüros teuer zu stehen kommen.
 
Auch wenn die Sach- und Rechtslage relativ einfach gelagert ist, kann ein rechtsunkundiger Bürger einen Rechtsanwalt beauftragen und die ihm dadurch enstandenen Rechtsanwaltskosten als Schadensersatzanspruch geltend machen, wenn er durch ein beauftragtes Inkassobüro zur Zahlung einer unberechtigten Forderung aufgefordert wird.

Denn das Schreiben eines Inkassobüros wirkt bedrohlich und hat einschüchternden Charakter, insbesondere wenn die Einleitung des Schreibens mit der Feststellung von persönlichen Nachteilen beginnt, die Forderung als sofort fällig gestellt wird und gedroht wird, diese Forderung mit allen Konsequenzen durchzusetzen.

Dann ist es nachvollziehbar, dass ein derart angeschriebener Rechtsunkundiger Hemmungen hat, sich selber mit dem Inkassobüro auseinanderzusetzen und diese einem Anwalt überlässt.
 
Immer häufiger sprechen Gerichte rechtunkundigen Bürgern die Erstattung von Rechtsanwaltskosten zu, wenn diese zu Unrecht geltend gemacht werden. Das Bemerkenswerte der Entscheidung des AG Bottrop ist, dass die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht nur bei komplizierten Sachverhalten, sondern auch bei einer besonders agressiven Durchsetzung der Forderung gegen einen Rechtsunkundigen bejaht wurde.

Die Entscheidung dürfte im Ergebnis richtig sein, denn die Einschüchterungen bei der Durchsetzung auch von unberechtigten Forderungen kann durch die negative Kostenfolge Einhalt geboten werden.

Montag, 8. Juni 2015




Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, außer man ist Staatsanwalt.

 

Oder warum die Frage des Vorsatzes eines juristischen Laien, eines Rechtsanwaltes und eines Staatsanwaltes bei deren Verwirklichung eines Straftatbestandes unterschiedlich bewertet werden.



1. Der gemeine Bürger

Bei der Frage, ob ein Täter vorsätzlich gehandelt hat, ist die „Parallelwertung in der Laiensphäre“ entwickelt worden, die so alt ist, wie der BGH selber. Bereits 1953 stellte der BGH fest, dass bei der Frage nach dem Vorsatz des Täters nicht darauf ankommt, ob dieser die juristischen Begriffsbildungen richtig erfasst hat, sondern allein darauf, ob der Täter den wesentlichen Bedeutungsgehalt der rechtlichen Wertung erfasst hat.

http://www.iurado.de/?p=urteile&site=iurado&id=1796

2. Der Rechtsanwalt

Diese Rechtsauffassung gilt nicht für den Volljuristen, denn dieser sollte sich ja mit dem Gesetz auskennen.

Von einem Rechtsanwalt wird verlangt, dass er die einschlägige Gesetzgebung und Rechtsprechung kennt. Er muss aber auch beachten, dass der BGH seine Rechtsauffassung zu Lasten des Anwaltes jederzeit ändern kann und sein Verhalten darauf abstimmen. Dabei muss er entscheidungsunerhebliche Andeutungen des BGH aus 30 Jahre alten Verfahren ebenso berücksichtigen, wie das Räuspern eines Instanzrichters irgendwo zwischen Flensburg und Oberammergau.

http://www.iurado.de/?p=urteile&site=iurado&id=1132

Auf die Rechtsprechung des BGH darf er aber auf keinen Fall vertrauen, da es zwar das Verbot der Rückwirkung von Gesetzen gibt, nicht aber das Verbot der Rückwirkung einer Rechtsprechungsänderung.

http://www.iurado.de/?p=urteile&site=iurado&id=1134
http://www.iurado.de/?p=urteile&site=iurado&id=1133

3. Der Staatanwalt

Beim Staatsanwalt, auch Volljurist, aber Staatsdiener, ist dies selbstverständlich anders:
So entschied das OLG Hamm (AZ: III-5 Ws 117/15, 19.05.2015) in einem aktuellen Verfahren einer hinlänglich bekannten Essener Oberstaatsanwältin, dass diese sich selbst dann nicht wegen Rechtsbeugung strafbar mache, wenn ihre völlig abwegigen Rechtsansichten, mit denen sie unbescholtene Bürger mit Strafverfahren überzog, gegen sämtliche ergangene Gerichtsurteile und Literaturmeinungen sprachen. Denn, so das OLG Hamm, selbst eine völlig unvertretbare Rechtsauffassung lässt nicht auf einen Vorsatz schließen, solange die Oberstaatsanwältin nur glaubt, ihre Auffassung sei richtig, was den Vorsatz bereits ausschließt.

http://www.iurado.de/?p=urteile&site=iurado&id=1797

Es bleibt zu hoffen, dass durch diese Entscheidungen niemand den Glauben an unsere Justiz verliert.

Dienstag, 12. Mai 2015

    Richterin stellt den Kader vom Bundesligisten FSV Mainz 05 auf 

     
     
    Dass Mainz gerne mit Düsseldorf und Köln konkurriert ist bekannt. Nunmehr hat eine Mainzer Richterin entschieden, dass ein in die Jahre gekommener Mainzer Bundesliga-Torwart allein aus Altersgründen in seinem Arbeitsvertrag nicht befristet werden kann und stellte ein unbefristetes Arbeitsverhältnis fest.

    Die Folge:

    Sollte das Urteil rechtskräftig werden, hat der Spieler u.U. sogar einen Anspruch auf Wiedereingliederung und Zurverfügungstellung seiner vertraglich vereinbarten Position. Notfalls könnte er künftig an jedem Freitag vor einem Bundesligaspiel per einstweiliger Verfügung seine Aufstellung einklagen. Und das bis zum 67. Lebensjahr.

    Wenn man sieht, wie derzeit zum Teil lustlos gekickt wird, dann ist die Entscheidung nachvollziehbar. Denn wer vermißt nicht die Duelle Franz Beckenbauer gegen Pele, Johann de Cruiff gegen Sepp Meier oder Rudi Völler gegen Frank Rijkaard.

    Und Rahn müste auch mal wieder schießen.

    Und da soll noch einer sagen, Frauen verstehen nichts vom Fussball.

    Die Entscheidung ist kein Karnevalssscherz, sondern am 19.03.2015 in die deutsche Rechtsgeschichte eingegangen.


Dienstag, 24. März 2015



Privater E-Bay-Verkäufer muss über 5.000,- € Schadensersatz bei einem Gebot von 1,- € zahlen!!!



Dass nicht nur der Kauf, sondern auch der Verkauf bei E-Bay zuweilen ein riskantes Geschäft sein kann, musste wieder einmal ein privater Verkäufer eines Pkw feststellen. Er brach die Auktion bei 1,- € ab und wurde von dem bis dahin Höchstbietenden bis zum BGH (VIII ZR 42/14) erfolgreich auf 5.249,- € Schadenersatz in Anspruch genommen.


Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot eines Bieters und dem (angenommenen) Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB.

Gibt der Bieter ein Maximalgebot ab, ist er nicht gehalten, dieses am mutmaßlichen Marktwert auszurichten. Wie der Senat bereits entschieden hat, macht es gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umkehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, durch den Mechanismus des Überbietens einen für ihn vorteilhaften Preis zu erzielen.

Denn es ist der Verkäufer, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises unterhalb des Marktwerts ohne Einrichtung eines Mindestpreises eingegangen ist (zutreffend OLG Köln, MMR 2007, 446, 448 f., zum Fall einer regulär beendeten Internetauktion).

Hat der E-Bay-Verkäufer durch seinen freien Entschluss zum nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion die Ursache dafür gesetzt, dass sich das Risiko verwirklicht, ist er dem Käufer zum Schadenersatz verpflichtet.

Also: Vorsicht gilt nicht nur für Spassbieter, sondern auch für Spassanbieter.

Mittwoch, 18. Februar 2015


Betreuungskosten für Hunde und Katzen sind steuerlich absetzbar; § 35a Abs. 2 S. 1, 2. Alt. EStG

 

FG Düsseldorf, AZ: 15 K 1779/14, 04.02.2015
Der Begriff "haushaltsnahe Dienstleistung" ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen.

Der Begriff "haushaltsnah" ist hierbei als sinnverwandt mit dem Begriff "hauswirtschaftlich" anzusehen. Hauswirtschaftliche Tätigkeiten sind solche, die üblicherweise zur Versorgung der dort lebenden Familie in einem Privathaushalt erbracht werden. Dazu gehören - beispielhaft - die Zubereitung von Mahlzeiten, die Garten- und Raumpflege und die Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern, Kranken, alten Menschen und pflegebedürftigen Personen.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind Leistungen für die Versorgung und Betreuung der im Haushalt aufgenommenen und dort lebenden Hauskatze haushaltsnah. Tätigkeiten wie die Reinigung des Katzenklos, die Versorgung der Katze mit Futter und Wasser und die sonstige Beschäftigung der Hauskatze fallen regelmäßig an und werden typischerweise durch die Kläger selbst erledigt.

Haustiere, die in der Wohnung des Halters leben, sind dem Haushalt des betreffenden Halters zuzurechnen. Ihre dortige Versorgung weist demgemäß nach Auffassung des Senats auch einen (engen) Bezug zur Hauswirtschaft des Halters auf (ebenso FG Münster, Urteil vom 25.2.2012 14 K 2289/11, EFG 2012, 1674 - für die Betreuung eines Hundes).

Mittwoch, 21. Januar 2015



Gefährliche 0%-Finanzierung: Zinslose Darlehnsverträge sind keine Verbraucherkreditverträge; §§ 358, 359 BGB

 

Dass die 0%-Fianzierung von Unternehmen ein Etikettenschwindel ist, weil die Finanzierungskosten bereits im Kaufpreis mit einkalkuliert sind, ist allseits bekannt. Dass der Verbraucher, der sich auf eine derartige Finanzierung einlässt, nunmehr auch rechtlich erhebliche Nachteile befürchten muss, zeigt die Entscheidung des BGH (Urt.v. 30.09.2014; Az.: XI ZR 168/13). Weil nach Auffassung der Bundesrichter ein unentgeltliches Darlehen zur Finanzierung von Konsumgütern kein Verbraucherdarlehen ist, kann der Kunde im Falle eines Mangels der Kaufsache nicht die Ratenzahlung gegenüber der finanzierenden Bank verweigern. Er muss sich an den Unternehmer wenden und von diesem den Kaufpreis zurückfordern, während die Ratenzahlungsverpflichtung fortbesteht. Das kann vorübergehend zu einer doppelten Belastung des verbrauchers führen und im Falle der Insolvenz der Unternehmers sogar zu einem wirtschaftlichen Totalverlust.