Dienstag, 28. Juni 2016

Drohung eines Inkasso-Unternehmens mit Schufa-Eintrag begründet Unterlassungsansprüche; §§ 823, 1004 BGB; 4 Nr. 1 UWG; 28a BDSG; 240 StGB


Immer wieder drohen Inkassounternehmen in Forderungsschreiben damit, dass bei unbestrittenen Forderungen ein SCHUFA-Eintrag droht, wenn die Forderung nicht sofort beglichen werde. Diese Praxis ist in mehrfacher Hinsicht unzulässig und kann, zivilrechtliche wie wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche, aber auch strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Hier eine Zusammenstellung der aktuellen Rechtsprechung:



Die Weitergabe der Daten von der Beklagten an die Schufa Holding AG ist nach § 28 a BDSG nur in den dort in Abs. 1 genannten Fällen zulässig. Insbesondere war und ist eine Datenübermittlung nicht nach § 28 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDSG zulässig, da der Kläger die Forderung bestritten hat.

Aufgrund eines vorgenommenen Hinweises auf die Möglichkeit einer Datenübermittlung an die Schufa Holding AG bestand die ernstlich drohende und unmittelbare Gefahr, dass die Beklagte die Datenübermittlung vornahm und damit das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzte.

Bereits die Wiederholung des Hinweises, die konkret die dem Kläger von einer Mitteilung drohenden Nachteile benannte, ließ befürchten, dass die Beklagte davon ausging, zu einer Mitteilung berechtigt zu sein. Zwar enthielt der letzte Satz des Hinweises die - für einen Laien ohnehin möglicherweise schwer verständliche (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Juli 2013 - I-20 U 102/12, MDR 2013, 1057) - Einschränkung, dass eine Übermittlung nur dann erfolge, wenn die Forderung einredefrei und unbestritten ist. Angesichts des Umstandes, dass der Kläger jedoch unmittelbar zuvor durch Anwaltsschreiben vom 6. Juli 2012 die geltend gemachte Forderung bestritten hatte, ließ dieser Hinweis der Beklagten vermuten, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - das Bestreiten des Klägers nicht für maßgeblich hielt.

Die durch den zweiten Hinweis auf die Möglichkeit einer Datenübermittlung begründete Erstbegehungsgefahr ist auch durch das Verhalten der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit nicht beseitigt worden. Für den Wegfall einer auf einer Äußerung beruhenden Erstbegehungsgefahr ist regelmäßig ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Beklagte den Unterlassungswillen unmissverständlich und ernst gemeint erklärt.


Inkassounternehmen darf nicht mit SCHUFA-Eintrag drohen; §§ 4 Nr. 1, 8 Abs. 2 UWG; 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDSG



Ein in der Mahnung eines Mobilfunkunternehmens erfolgter Hinweis auf die bevorstehende Übermittlung der Daten des Schuldners an die SCHUFA steht nur im Einklang mit der Bestimmung des § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDSG, wenn nicht verschleiert wird, dass ein Bestreiten der Forderung durch den Schuldner selbst ausreicht, um eine Übermittlung der Schuldnerdaten zu verhindern.

Die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des § 28a Abs. 1 BDSG lässt es für die Zulässigkeit der Übermittlung von personenbezogenen Daten über eine Forderung an eine Auskunftei aber gerade nicht ausreichen, dass die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten im Sinne von § 28a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BDSG erforderlich ist.

Androhen eines Schufa-Eintrages durch Inkassounternehmen nach bereits bestrittener Forderung ist wettbwerbswidrig; §§ 3, 12 UWG



Bei einer bereits bestrittenen Forderung ist die Inaussichtstellung einer Datenübermittlung an die Schufa unzulässig.

Hierbei ist es Sache des Inkassounternehmens, ein bereits erfolgtes Bestreiten zu berücksichtigen. Durch das Versenden einer “Letzten Mahnung” wird ein solches Bestreiten jedoch komplett ignoriert. Dem Adressaten der “Letzten Mahnung” wird kommuniziert, dass seine bereits erfolgten Einwendungen rechtlich nicht erheblich seien, weswegen der Anspruch einredefrei und fällig sei.

Dienstag, 21. Juni 2016

Zum Anspruch auf Führen von Adelstiteln; Art 18, 21 AEUV, Art 10, 48 EGBGB



EuG Luxemburg, AZ: C-438/14, 02.06.2016



Art. 21 AEUV ist dahin auszulegen, dass die Behörden eines Mitgliedstaats nicht verpflichtet sind, den Nachnamen eines Angehörigen dieses Mitgliedstaats anzuerkennen, wenn dieser auch die Angehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzt, in dem er diesen Namen erworben hat, den er frei gewählt hat und der mehrere nach dem Recht des erstgenannten Mitgliedstaats nicht zulässige Adelsbestandteile enthält, sofern, was zu überprüfen dem vorlegenden Gericht zukommt, erwiesen ist, dass eine solche Ablehnung der Anerkennung in diesem Zusammenhang insoweit aus Gründen der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt ist, als sie geeignet und erforderlich ist, um sicherzustellen, dass der Grundsatz der Gleichheit aller Bürger des besagten Mitgliedstaats vor dem Gesetz gewahrt wird.

Vom vorlegenden Gericht ist insbesondere zu beurteilen, ob die zuständigen deutschen Personenstandsbehörden nicht über das hinausgegangen sind, was erforderlich ist, um die Erreichung des von ihnen verfolgten grundlegenden verfassungsrechtlichen Ziels zu gewährleisten, indem sie dem vom Antragsteller des Ausgangsverfahrens im Vereinigten Königreich erworbenen Namen die Anerkennung mit der Begründung verweigert haben, dass die Verwirklichung des Ziels, den Grundsatz der Gleichheit aller deutschen Staatsbürger vor dem Gesetz sicherzustellen, voraussetze, dass es deutschen Staatsangehörigen untersagt werde, Adelsbezeichnungen oder -bestandteile, die glauben machen könnten, dass der Träger des Namens einen entsprechenden Rang innehabe, unter bestimmten Bedingungen zu erwerben und zu benutzen.

Insoweit sind bei der Abwägung zwischen dem Recht auf Freizügigkeit, das Art. 21 AEUV den Unionsbürgern zuerkennt, und den berechtigten Interessen, die mit den vom deutschen Gesetzgeber gesetzten Schranken der Benutzung von Adelsbezeichnungen und dem von ihm aufgestellten Verbot, den Anschein einer adeligen Herkunft neu zu schaffen, verfolgt werden, verschiedene Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

So ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Antragsteller des Ausgangsverfahrens das genannte Recht ausgeübt hat und sowohl die deutsche als auch die britische Staatsangehörigkeit besitzt, dass die Bestandteile des im Vereinigten Königreich erworbenen Namens, die nach Ansicht der deutschen Behörden die öffentliche Ordnung beeinträchtigen, formell weder in Deutschland noch im Vereinigten Königreich Adelsbezeichnungen darstellen und dass das deutsche Gericht, das die zuständigen Behörden angewiesen hat, den Namen der Tochter des Antragstellers des Ausgangsverfahrens, in dem Adelsbestandteile enthalten sind, so einzutragen, wie er von den britischen Behörden eingetragen worden war, nicht der Ansicht war, dass diese Eintragung gegen die öffentliche Ordnung verstoße.

Zum anderen ist auch zu berücksichtigen, dass die Namensänderung auf einer Entscheidung aus rein persönlichen Gründen des Antragstellers des Ausgangsverfahrens beruht, dass die daraus folgende Namensabweichung weder auf die Umstände der Geburt des Betroffenen noch auf eine Adoption und auch nicht auf den Erwerb der britischen Staatsangehörigkeit zurückgeht und dass der im Vereinigten Königreich gewählte Name Bestandteile enthält, die, ohne in Deutschland oder im Vereinigten Königreich formell Adelsbezeichnungen darzustellen, den Anschein einer adeligen Herkunft erwecken.


Parteivernehmung kann einer Zeugenaussage vorzuziehen sein; § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO


OLG Hamm, AZ: I 18 U 80/15, 19.05.2016


Das OLG Hamm hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem ein Makler Angaben über den Zustand eines Grundstückes gemacht hatte, welche sich nach Angaben des Käufers als fehlerhaft erwiesen und der Käufer daraufhin den Makler auf Schadenersatz in Anspruch nahm.

Im Hinblick auf den Grundsatz der Waffengleichheit ist einer Partei, die keinen Zeugen besitzt, die Gelegenheit zu geben, im Prozess gem. § 141 ZPO angehört zu werden.

Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) ist der Tatrichter nicht gehindert, im Rahmen der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme einer Parteierklärung, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteianhörung erfolgt ist, den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen oder des als Partei vernommenen Prozessgegners zu geben.